FAQ zum Facharzt in der Radiologie

Dr. med. Martin Reiss-Zimmermann, Uniklinikum Leipzig, beantwortet die häufigsten Fragen zum Facharzt in der Radiologie.

Welche Rolle spielt die Radiologie im klinischen Alltag?

Die Radiologie ist ein Schnittstellenfach. Mit sämtlichen klinischen Fächern und nahezu allen Krankheitsbildern kommt ein Radiologe in Berührung und trägt dabei wesentlich zu Diagnosefindung und Therapieentscheidung bei. Bis zu 70% aller Diagnosen werden durch die Radiologie gestellt. Mit der interventionellen Radiologie ist die Radiologie zudem ein zunehmend gefragter therapeutischer Partner.

Wie sind meine Karrierechancen in der Radiologie?

Die Berufsaussichten im Bereich der Radiologie sind exzellent! Noch nie war in den letzten 20 Jahren der Weg nach oben so frei wie heute. Bereits nach ein, zwei Jahren haben Sie als Weiterbildungsassistent einen Status erreicht, mit dem Sie vielerorts mit Kusshand genommen werden. Die Kliniken – sowohl universitär als auch nicht-universitär – suchen nach Ärzten, die schon über radiologische Vorkenntnisse verfügen. Mit der Facharztqualifikation eröffnet sich dann ein breites Spektrum beruflicher Möglichkeiten. Manche Kliniken bieten frisch gebackenen Fachärzten sofort Oberarztstellen an. Auch der Schritt in die Niederlassung ist in der Radiologie kein „Klassenwechsel“. Denn die technische Ausrüstung vieler Praxen unterscheidet sich häufig nicht vom Equipment klinischer Institute.

Ist die Radiologie vereinbar mit (m)einem Familienleben?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiges Kriterium bei der Wahl der Facharztrichtung. Regelmäßige Umfragen unter den jüngeren Mitgliedern der Deutschen Röntgengesellschaft belegen: Neben dem breiten medizinischen Spektrum, das die Radiologie bietet, und dem Innovationspotenzial des Faches spielen insbesondere geregeltere Arbeitszeiten, ein planbarer Arbeitsalltag und die Möglichkeit der Arbeit von zu Hause aus eine wichtige Rolle.

Was ist interventionelle Radiologie?

Die interventionelle Radiologie ist ein Bindeglied zwischen der konservativen und der operativen Medizin. In diesem Bereich ist innerhalb der Radiologie nicht nur der engste Patientenkontakt gegeben, sondern hier kann sich der Radiologe auch tatsächlich therapeutisch betätigen. Unter den zahlreichen interventionell-radiologischen Eingriffen gehören die rekanalisierenden Maßnahmen an den peripheren Gefäßen schon lange zum Behandlungsrepertoire. Daneben ist die interventionelle Radiologie fester Bestandteil von Eingriffen wie z.B. Versorgung von Aneurysmen, Blutstillung und Drainagenanlagen. Aus einem Nischendasein heraus konnten sich zudem in den letzten 10 bis 15 Jahren die minimal-invasiven onkologischen Therapieverfahren entwickeln, wie z.B. die transarterielle Chemoembolisation (TACE) von Lebertumoren, die in vielen Kliniken mittlerweile in onkologische Behandlungskonzepte integriert sind.

Welche Spezialisierungsmöglichkeiten gibt es?

Mit der Kinderradiologie und der Neuroradiologie können zwei Zusatzbezeichnungen erworben werden – mit spezieller Weiterbildungsordnung und Zusatzprüfung bei den jeweiligen Ärztekammern. Die Weiterbildungsdauer für diese Zusatzbezeichnungen beträgt jeweils drei Jahre, wobei ein Weiterbildungsjahr auch schon während der Facharztweiterbildung für Radiologie erfolgen kann.
Darüber hinaus sind auch in den anderen Teilgebieten der Radiologie, wie z.B. der Herzbildgebung, der Notfallradiologie und besonders in der interventionellen Radiologie Spezialisierung möglich und durch ein immer größeres Untersuchungs- und Therapiespektrum notwendig.

Wie ist die Facharzt-Weiterbildung gegliedert?

Die Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Radiologie sieht eine 60-monatige Tätigkeit unter radiologischer Supervision vor. Die Weiterbildungsassistenten durchlaufen ein strukturiertes Programm, das sie fit macht für die Tätigkeit im Dienstsystem. In den meisten Kliniken liegt der Schwerpunkt in den ersten beiden Jahren vor allem in der Weiterbildung von konventioneller Projektionsradiographie und Durchleuchtung sowie Computertomographie. Auch erste Einblicke in die Neuroradiologie sind für die Dienste hilfreich. Wenn das solide abgewickelt ist, dann kommen weitere Rotationen wie die Sonographie, Angiographie oder Kinderradiologie. In vielen Weiterbildungseinrichtungen gibt es ein Curriculum, welches Einblicke in den Aufbau der an der jeweiligen Klinik angepassten Weiterbildung gibt.

Nach welchen Kriterien sollte ich die Weiterbildungsstätte auswählen?

Bei der Wahl der Weiterbildungsstätte sollten Sie auf die Möglichkeiten der Arbeitsplatzrotation besonderen Wert legen. Auch der Umfang der Weiterbildungsbefugnis spielt eine große Rolle, was freilich nicht heißt, dass nur die volle Weiterbildungsbefugnis von fünf Jahren eine optimale Weiterbildung garantiert. Nur die wenigsten der 750 Weiterbildungsstätten für Radiologie in Deutschland bieten das gesamte Weiterbildungsspektrum. Andere Punkte sind dabei ebenso wichtig: Wie wird die Weiterbildung realisiert? Bekomme ich Unterstützung durch die Fach- und Oberärzte? Gibt es Möglichkeiten zur fachübergreifenden Diskussion? Finden interne Fortbildungen statt? Wie sieht es mit der Fehlerkultur aus? Schließlich ein Punkt, der ganz wichtig ist in unserem Fach: Wie sieht die Geräteausstattung aus?

Bestehen schon vor der Weiterbildung Interessen an spezifischen Teilgebieten innerhalb der Radiologie, so sollten Sie sich das Spektrum der Weiterbildungsstätte gut anschauen. Wer z.B. interventionelle Radiologie solide lernen und später auch aktiv betreiben will, sollte ein Haus wählen, welches eine gewisse Anzahl an interventionellen Eingriffen durchführt und wo die Chance besteht, die Eingriffe auch selbst unter Anleitung durchzuführen.

Findet die Arbeit in der Radiologie wirklich nur im Dunklen statt?

Die Zeiten, in denen der Radiologe sich erst an die Dunkelkammer adaptieren musste und sprichwörtlich im Dunklen saß, sind glücklicherweise vorbei. Vor allem mit zunehmender Verbreitung der digitalen Betrachtungsmöglichkeiten kann auf eine vollständige Verdunklung verzichtet werden. Für eine optimale Kontrastbeurteilung (die interindividuell unterschiedlich empfunden wird) ist direkte Sonneneinstrahlung jedoch weiterhin nicht empfehlenswert.

Welche Fähigkeiten sind vonnöten um Radiologe werden zu können?

Für die Radiologie braucht man kein abgeschlossenes Informatik- oder Physikstudium. Die Radiologie ist mehr eine Mannschaftssportart mit Sinn für Fortschritt und detektivische Spurensuche. Eine Gemeinschaft, in der die persönlichen Stärken gebündelt werden und in der man sich bei Interesse auf einer der Positionen spezialisieren kann. Auch in der Radiologie gibt es Spitzenspieler, aber Erfolg ist geknüpft an ein gutes Zusammenspiel aller. Vorteilhaft sind neben einem ausgeprägten Mannschaftssinn auch Kommunikationsfähigkeit und das Interesse an klinischer Forschung bzw. Grundlagenforschung – hier gibt es eine Vielzahl an interdisziplinären Mitspielern, die den radiologischen Partner schätzen.

Die Arbeit als Weiterbildungsassistent beginnt mit dem Offensichtlichen: dem Betrachten von Bildern und der Beschreibung von normaler Anatomie und von Pathologie. Am Anfang ist es gar nicht so leicht, die anatomischen Kenntnisse, die man aus dem Studium mitbringt, in die Röntgenmorphologie umzusetzen. Nur durch kontinuierliches Training unter fachärztlicher Supervision gewinnen Sie an Sicherheit und sind dann bereit für die nächste Aufgabe – der Interpretation pathologischer Befunde und der Erstellung von Differentialdiagnosen.

Wie hoch ist der Anteil an nichtärztlicher Tätigkeit in der Radiologie?

Es ist viel, was Sie sich aneignen müssen, um ein guter Radiologe oder eine gute Radiologin zu werden. Doch die Radiologie hat einen unschätzbaren Vorteil gegenüber anderen Fächern: Dokumentation und Verwaltungsarbeiten fallen in der Radiologie kaum an. Vom ersten Tag an sind Sie ausschließlich ärztlich tätig – und können sich ganz auf diese anspruchsvolle Arbeit konzentrieren.