von Finn Drescher

Meine Famulatur am Concord General Hospital in Sydney

Australien hat schon immer eine besondere Faszination auf mich ausgeübt, und das Medizinstudium ermöglicht es, einen Teil seiner medizinischen Ausbildung im Ausland zu verbringen. Was lag näher, als meine Famulatur 2014 in der Stadt Sydney zu absolvieren?

Welche bürokratischen Hürden es vorab zu überwinden gab und wie Radiologen und Radiologinnen in Down Under arbeiten, erfahrt ihr im folgenden Bericht.

Die Vorbereitung

Zusammen mit einem Kommilitonen habe ich mich ca. ein Jahr im Voraus beworben. Wir erhielten eine Zusage aus dem Concord General Hospital, einem Lehrkrankenhaus der University of Sydney: Eine Studentenkoordinatorin vor Ort teilte uns mit, dass für den entsprechenden Zeitraum noch Plätze zu vergeben seien.

Bevor wir unsere Flüge buchen konnten, waren eine ganze Reihe Antragsformulare auszufüllen und medizinische Bescheide einzuholen. Neben einem polizeilichen Führungszeugnis wurde ein Nachweis über Impfungen und den Hepatitis-Titer verlangt. Um das Visum zu beantragen, haben wir ein Röntgenbild der Lunge anfertigen lassen und uns einer reisemedizinischen Untersuchung unterzogen. Nachdem wir die Dokumente nach Sydney geschickt hatten und das Visum bewilligt wurde, stand unserer Famulatur in Australien nichts mehr im Wege.

Anreise und Unterkunft

Unser Flug führte uns nach einem kurzen Zwischenstopp in Dubai innerhalb von 24 Stunden nach Sydney. Unsere Gastmutter Carol holte uns vom Flughafen ab und gemeinsam fuhren wir zum Haus der Gastfamilie. Die Klinik hatte uns im Vorfeld bei der Vermittlung einer Unterkunft unterstützt, die sich als Glücksfall für uns herausstellen sollte: Unsere Gastfamilie nahm bereits seit 20 Jahren deutsche Studenten bei sich auf und war somit bestens auf uns vorbereitet. Am Tag des Beginns der Famulatur brachte Carol uns zum Klinikgelände und zeigte uns den Treffpunkt.

Australischer Krankenhausalltag

Insgesamt befindet sich das australische Gesundheitssystem auf einem sehr hohen Niveau. In der radiologischen Abteilung gab es moderne CT- und MR-Geräte, eine Angiographie sowie eine Einheit für die sonographischen Interventionen.

Grundlegend anders als in Deutschland ist, dass die Ärzte in Australien keine Kittel tragen. Das bedeutete auch für uns Studenten Stoffhose und Hemd. Üblich in Australien sind auch Kaffeepausen zwischendurch, bei denen jeweils der Dienstälteste seine Assistenzärzte/innen und Studierenden auf einen Kaffee einlädt.

Die Famulatur

Der Tag begann morgens um 8:30 Uhr mit dem Teaching der Assistenzärzte (residents). Jeden Morgen unterrichtete einer der Fachärzte (radiologists) die jungen Ärzte in der radiologischen Befundung. Meistens gab es ein übergeordnetes Thema (z.B. Neuroradiologie, muskuloskelettale Radiologie) zu dem Röntgenbilder, CT- oder MRT-Bilder aufgerufen wurden. Abwechselnd wurden Fragen gestellt und ein Fall anhand der Bilder erarbeitet. Ziel war, die jungen radiologischen Kollegen auf ihre Facharztprüfung vorzubereiten. Auch ich als Student konnte sehr von diesen Fallbesprechungen profitieren und ab und zu wurde auch ich gebeten, eine Röntgenaufnahme zu beschreiben.

Nach dem Teaching hatte ich die Möglichkeit, an den Röntgenbesprechungen der verschiedenen Fachdisziplinen teilzunehmen. In diesem Rahmen nahm ich zum Beispiel an den Besprechungen der Chirurgen und der Neurologen teil. Im Vergleich Röntgenbesprechungen in Deutschland hatte ich dort den Eindruck, dass die Hierarchien in der Abteilung viel flacher sind und auch untereinander mehr diskutiert wurde.

Es gab auch immer die Möglichkeit, mit einem der Assistenten an einem der Befundungsplätze zu arbeiten. In diesem Rahmen erklärte mir Miguel, einer der jungen Ärzte, worauf ich bei der Befundung einer Röntgen-Thorax-Aufnahme oder eines Schädel-CTs achten sollte.

Sehr interessant war auch die Sonographie-Einheit, die in die radiologische Abteilung integriert war. Im Unterschied zu Deutschland führten nicht die Ärzte selbst die Sonographien durch, sondern dafür ausgebildete MTA. Die Ärzte befundeten die gespeicherten Bilder anschließend auf dem Monitor. Neben der Befundung gab es auch zahlreiche sonographische Interventionen, die von den Radiologen durchgeführt wurden. Ich konnte unter anderem bei Punktionen der Schilddrüsen und von zervikalen Lymphknoten sowie bei Aszitespunktionen zuschauen.

Dr. Dunn, Spezialist im Bereich der Uroradiologie, führte interventionelle Eingriffe in der Angiographie durch. In diesem Rahmen hospitierte ich unter anderem bei Nephrostomien. Besonders spannend fand ich auch das Verfahren der SIRT (selektive interne Radiotherapie), bei dem eine radioaktive Substanz über einen Katheter in die Leberarterie zur Behandlung eines fortgeschrittenen Lebertumors eingebracht wurde.

In der Klinik fanden wir auch Anschluss an die australischen Medizinstudenten (interns) sowie an die große Gruppe an internationalen Studenten. Zeitgleich mit uns absolvierten auch Medizinstudenten/innen aus Österreich, Brasilien, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien eine Famulatur oder ihr Praktisches Jahr im Concord Hospital. Dies gab uns die Möglichkeit, sehr viel über das Medizinstudium und das Ärztedasein in anderen Ländern zu erfahren.

Neben der Zeit in der Klinik haben wir nach dem Feierabend und an den Wochenenden alle möglichen Sehenswürdigkeiten Sydneys und der Umgebung erkundet. An den Wochenenden haben wir Ausflüge an die tollen Strände (Manly Beach, Bondi Beach) unternommen oder sind in die Blue Mountains gereist.

Mein Fazit: Es war sehr spannend zu erfahren, wie Radiologen in einem anderen Land arbeiten. Insbesondere das Teaching wurde in der Klinik sehr anschaulich und umfangreich gestaltet. Im Rahmen der Famulatur habe ich darüber hinaus ein faszinierendes Land und tolle Menschen kennengelernt.