Zur Forschung nach Japan

Austauschprogramm der Japanisch-Deutschen Röntgengesellschaft - Erfahrungsbericht

von Dr. Florian Gärtner, 10.01.2014

Im vergangenen Jahr hat Dr. Florian Gärtner die Facharztausbildung zum Nuklearmediziner erfolgreich abgeschlossen. Der Zeitpunkt war günstig, einen Forschungsaufenthalt im Ausland anzuschließen; das Ziel war durch sein Interesse an der japanischen Sprache und Kultur und eine bereits vorangegangene enge Zusammenarbeit seiner Abteilung mit japanischen Kollegen gesetzt: Es sollte zur Forschung nach Japan gehen. Das Austauschprogramm der Japanisch-Deutschen Röntgengesellschaft (JGRA) und ein Reisestipendium der DRG boten ihm dabei finanzielle Unterstützung. 

Japan – ein Land bekannt für technologische Innovation, Menschenmassen und Millionenstädte. Der Inselstaat erstreckt sich über - großzügig gerechnet - ca. 2.500 Kilometer von Süden nach Norden und bietet dem Besucher eine große Bandbreite an unterschiedlichsten Eindrücken, sowohl was die Menschen, die Kultur als auch das Klima betrifft. Die Inselgruppe Okinawa als südlichster Ausläufer Japans zieht jedes Jahr Hunderttausende (nicht nur) japanischer Touristen als Sommerferienparadies an. Auch die geographisch zentral gelegenen Wirtschaftsmetropolen Tokyo, Osaka und Kobe werden in den Sommermonaten von drückender Hitze heimgesucht. Sapporo hingegen liegt etwas abgelegener auf Hokkaido, der nördlichsten der japanischen Hauptinseln. Es ist die viertgrößte Stadt Japans mit ca. 1 Million Einwohnern und kann sich durch eine hohe Niederschlagsmenge im Winter als eine der schneereichsten Städte der Welt rühmen. Seit im Jahre 1972 die olympischen Winterspiele in Sapporo und die Sommerspiele in München ausgetragen wurden, sind die beiden Metropolen offizielle Partnerstädte.

Reisestipendium über die DRG / JGRA

Ein Reisestipendium der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG), vermittelt durch die Japanisch-Deutsche Röntgengesellschaft (Japanese-German Radiological Affiliation, JGRA), sowie die Unterstützung durch meine deutsche Arbeitsstätte, die Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik am Klinikum rechts der Isar der TU München, ermöglichte mir ab Januar 2013 einen halbjährigen Forschungsaufenthalt in Sapporo. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Weiterbildung zum Facharzt für Nuklearmedizin abgeschlossen und so fiel diese Gelegenheit auf einen geradezu optimalen Zeitpunkt, die Forschung auf dem Gebiet der molekularen Bildgebung im asiatischen Raum kennenzulernen.

Die JGRA bietet ihren Bewerbern ein Austauschprogramm mit dem Ziel der gemeinsamen Erarbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen (nuklearmedizinisch, strahlentherapeutisch oder diagnostisch-radiologisch) zwischen japanischen und deutschen Kollegen sowie die Förderung der Freundschaft zwischen japanischen und deutschen Radiologen. Hierzu sollten sich vorab ein japanischer und ein deutscher Kollege als Team finden. In diesem Rahmen war zuvor Dr. Takei aus Sapporo in München und befasste sich mit Projekten zur klinischen Evaluation der neuen PET/MR-Technologie. Seitens der JGRA sind keine festen Bewerbungsfristen vorgegeben. Da derzeit pro Jahr zwei solcher Rotationen geplant sind, ist neben der Suche eines japanischen Partners jedoch auch eine frühzeitige Bewerbung für das Austauschprogramm empfehlenswert.

Nuklearmedizin in Sapporo

Meine japanische Arbeitsstätte war das Department of Nuclear Medicine an der Hokkaido University in Sapporo bei Professor Nagara Tamaki. Das Department verfügt über eine Radionuklid-Therapiestation, auf der in erster Linie Radioiodtherapien bei Schilddrüsenerkrankungen durchgeführt werden. Außerdem werden unter anderem Therapien mit Iod-markierten Katecholaminanaloga bei malignen Phäochromozytomen und mit Yttrium-markierten Antikörpern bei Lymphomen durchgeführt. Zur Diagnostik verfügt die Klinik über mehrere Gammakameras, PET/CT, sowie in der Evaluation befindliche neue halbleiterbasierte PET- und SPECT-Kameras. Zur PET-Bildgebung können neben dem weitverbreiteten Tracer 18F-FDG zur onkologischen und kardiologischen Diagnostik unter anderem 11C-Methionin zum Imaging des Aminosäurestoffwechsels (insbesondere bei Hirntumoren), 15O-H2O zu Perfusionsmessungen und 18F-FMISO zur Hypoxiebildgebung eingesetzt werden. Zur präklinischen Forschung verfügt die Abteilung außerdem über Zellkulturlabore und ein Tierlabor mit einem dedizierten Kleintier-PET-Scanner. Hauptforschungsgebiete der Abteilung sind insbesondere kardiologische und onkologische Fragestellungen.

Durch enge Kooperation mit dem radiologischen Department werden fachübergreifende Projekte im Bereich der multimodalen Bildgebung ermöglicht. So war es mir möglich, mich an Forschungsprojekten zur multimodalen Bildgebung bei endokrinen Tumoren und der molekularen Hypoxie-Bildgebung zu beteiligen. Zudem gaben mir Besuche von lokalen Kongressen und Meetings in Hokkaido die Gelegenheit, Kontakte zu japanischen Forschern und Nachwuchswissenschaftlern auf den Gebieten der molekularen Bildgebung, Nuklearmedizin, Radiologie und Strahlentherapie zu knüpfen.

Stadt des Schnees

Da mein Aufenthalt in Sapporo im Januar begann, konnte mich gleich zu Beginn vom Motto der Stadt „Sapporo – Blessed with Snow“ selbst überzeugen – mehrere Meter Schneehöhe sind hier keine Seltenheit. Glücklicherweise war es mir am Wochenende möglich, von den Kollegen eine Skiausrüstung zu leihen und die nahe an der Stadt gelegenen Skigebiete zu erkunden, die teils sogar mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sind. Eine Skiabfahrt mit Blick auf das japanische Meer ist ein besonderes Erlebnis und anschließend kann man auf der Skihütte mit Sushi oder Ramen-Nudelsuppe wieder Kräfte tanken. Auch das alljährlich im Februar stattfindende Snow-Festival in Sapporo ist ein Highlight. Hunderte lebensgroße Skulpturen aus klarem Eis und farblich beleuchtete meterhohe Schneebauten versetzten die zahlreichen Besucher regelmäßig in Erstaunen.

Auch in den Sommermonaten ist Hokkaido ein beliebtes Reiseziel für erholungssuchende Stadtbewohner aus ganz Japan, da zahlreiche, weitgehend unberührte und teils auch touristisch (noch) unerschlossene Nationalparks viele Möglichkeiten zum Wandern, Klettern und zum Beobachten der Tierwelt bieten. In den Sommermonaten sollte man sich jedoch in den Nationalparks vor freilebenden Bären in Acht nehmen, eine solche Begegnung ist hier durchaus möglich. Auch die zahlreichen natürlichen heißen Quellen sind ein beliebtes Reiseziel.

Einreise und Visum

Für touristische Zwecke ist eine Einreise nach Japan für deutsche Staatsbürger ohne Visum für 90 Tage möglich. Eine Verlängerung auf 180 Tage kann dann in Japan beantragt werden, die in der Regel auch gewährt wird, dies ist jedoch nicht garantiert. Da mein Aufenthalt diesen Zeitraum jedoch leicht überschritt, sowie aufgrund meiner Forschungstätigkeit und zudem geplanten zwischenzeitlichen Aus- und Wiedereinreisen war für mich die Beantragung eines Visums vorab unumgänglich. Dieses kann bei der japanischen Botschaft in Berlin oder bei einem der japanischen Konsulate in München, Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt beantragt werden. Die Beantragung des Visums muss frühzeitig erfolgen, da es sich bis zur Ausstellung um einen langwierigen bürokratischen Prozess handeln kann. Insbesondere muss zuvor in Japan von einem Bürgen ein Eignungszertifikat, das „Certificate of Eligibility“, bei der japanischen Einwanderungsbehörde beantragt werden. Die Ausstellung des Zertifikats kann 2 – 3 Monate beanspruchen. Dies hat für mich glücklicherweise das Department of Nuclear Medicine an der Hokkaido University organisiert, die Zeitdauer bis zur Ausstellung durch die japanische Behörde betrug in meinem Fall erfreulicherweise nur 2 Wochen. Nach Erhalt des Zertifikats ist die Ausstellung des Visums bei der japanischen Botschaft bzw. einem der japanischen Konsulate in Deutschland eine Angelegenheit von lediglich wenigen Tagen.

Sprache

Kenntnisse der japanischen Sprache sind sehr zu empfehlen. Im universitären Umfeld kann man sich mit den Kollegen im Großteil der Fälle problemlos auf Englisch verständigen, jedoch werden Meetings und die lokalen Kongresse in der Regel auf Japanisch abgehalten. Auch außerhalb des Arbeitsplatzes sind zumindest Grundkenntnisse der japanischen Sprache nahezu zwingend erforderlich, da man sich im Alltag nicht auf Englischkenntnisse verlassen kann. So kann es durchaus auch vorkommen, dass z.B. auf Behörden kein Englisch gesprochen wird.

Fazit

Der Forschungsaufenthalt in Sapporo war für mich eine unvergessliche Erfahrung, von der ich beruflich im Bereich der Forschung und der molekularen Bildgebung, aber auch persönlich großen Nutzen ziehen konnte.