Interventionelle Radiologie I – Der Radiologe als Therapeut

Interview mit Professor Dr. med. Peter Reimer, Leiter des Zentral-Instituts für Bildgebende Diagnostik am Städtischen Klinikum Karlsruhe.

Was fasziniert Sie an der Interventionellen Radiologie?
Wir müssen die Patienten nicht aufschneiden. Wir können Therapien durchführen, die genauso gut helfen wie umfangreiche Operationen – oder sogar noch besser. Interventionelle Radiologie bedeutet kürzere Rekonvaleszenz, geringere Morbidität und geringere Mortalität. Das fasziniert mich.

Wo liegen Ihre Schwerpunkte im Bereich der Interventionellen Radiologie?
Im vaskulären Bereich liegen die Schwerpunkte in Zusammenarbeit mit dem Gefäßzentrum vor allem auf Maßnahmen der Gefäßeröffnung und -verschließung. Konkret geht es da um Aortenaneurysmen, Dilatationen von Beckenarterien, Wiederöffnung von Unterschenkelarterien, Lysetherapien.

Zum vaskulären Bereich zählen ferner die Erkrankungen der supraaortalen Gefäße, Karotisstenosen und Hirnarterien-Aneurysmen. Ein weiterer großer Schwerpunkt der Interventionellen Radiologie liegt in der onkologischen Therapie: Dazu zählen zum Beispiel Radioembolisationen oder Chemoembolisationen von Leberzellkarzinomen. Und auch ablative Verfahren, Biopsien und viele palliative Therapien im Drainagebereich, die wir perkutan unter Bildkontrolle (CT) durchführen.

Was sollte jemand mitbringen, der sich für die Interventionelle Radiologie interessiert?
Die grundsätzliche Entscheidung für die Radiologie trifft man wohl, weil dieses Fach eine Kombination aus nahezu allen Fachdisziplinen darstellt und sich daraus auch viele Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Abgesehen davon sollte man sich für Schnittbilddiagnostik interessieren und auch ein technologisches Interesse mitbringen. Die Interventionelle Radiologie im Speziellen ist aber vor allem ein Fach für Mediziner, die den Patientenkontakt schätzen. Bei der Interventionellen Radiologie ist der Patient zumeist nicht in der Narkose. Anders als der Operateur im Operationssaal können wir mit unseren Patienten sprechen und haben einen intensiven Kontakt mit ihnen. Wer also den Kontakt mit Patienten sucht und sie auch langfristig betreuen möchte, der wird Freude an der Interventionellen Radiologie haben.

Wo sollten Interessenten ihre Facharztausbildung antreten?
Nur die wenigsten der 550 Weiterbildungsstätten für Radiologie in Deutschland bieten die gesamte Palette. Der Bewerber sollte sich daher das Spektrum des Hauses gut anschauen. Wer Interventionelle Radiologie solide lernen und später auch aktiv betreiben will, sollte sie an einem Haus erlernen, das eine gewisse Anzahl an Eingriffen durchführt. Und an einem Haus, wo auch die Chance besteht, die Eingriffe selbst unter Anleitung durchzuführen.

Ab welchem Jahr haben Ihre Assistenten das erste Mal einen Katheter in der Hand?
Aktiv am Patienten in der Regel ab dem zweiten oder dritten Jahr. Weiterbildungsassistenten durchlaufen ein strukturiertes Programm, das sie fit macht für die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst. Das sind typischerweise 18 Monate. Wenn das solide abgewickelt ist, dann kommen weitere Rotationen wie die Angiografie, und das bedeutet dann interventionelles Arbeiten.